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Lesbenhistorische Ausflugstipps: Berlin



_Ort der lesbischen Subkultur der 1920er Jahre: Bülowstraße 37.
Die Bülowstraße war seit etwa 1900 ein beliebter Ort. Immer wieder siedelten sich hier in der Gegend subkulturelle Treffpunkte und Lokale an: Die "Neue Damengemeinschaft" hat sich u.a. in der Bülowstraße 2 getroffen, und die "Bülow-Casino GmbH" in der Bülowstraße 27 bot Gelegenheit für geschlossene Gesellschaften.

Der 'Nationalhof', etwa um 1929, Privatarchiv Jens Dobler
Der 'Nationalhof' in der Bülowstraße 37, etwa um 1929,
als "Violetta" nach kurzer Unterbrechung wieder dorthin
zurückgekehrt war, Privatarchiv Jens Dobler

Die Nummer 37 der Bülowstraße befindet sich auf der Höhe Lutherkirche/Dennewitzplatz auf der Westseite der Straße.
Im Hinterhof der Bülowstraße 37 wurde ein Veranstaltungsort mit mehreren Fest- bzw. Ballsälen betrieben: Der Ort wurde zunächst "Königshof" und ab etwa 1920 "Nationalhof" genannt.1 Zeitweise führten die Subkulturaktivistinnen Selli Engler (seit 1926) und Lotte Hahm ihre Veranstaltungen dort durch.


Erinnerungstafel vor der Bülowstraße 37
Erinnerungstafel vor der Bülowstraße 37

Lotte Hahm lud für den Damenklub "Violetta" mit mehrmonatiger Unterbrechung von 1927 bis September 1929 in den "Nationalhof" ein. Für diese Zeit sind im Berliner Adressbuch von 1923-1928 "Riechnow & Götz" als Inhaber*innen eingetragen, ab 1929 Gertrud Zeidler.2




Blick auf die Säulen und die Türen der Bülowstraße 37
Blick auf Säule und Türen der Bülowstraße 37

2018 wurde vor dem Gebäude durch den Schöneberger Kulturarbeitskreis e. V. eine Infotafel angebracht, die an die Geschichte dieser Adresse und auch an Lotte Hahm erinnern soll.

Die aktuelle Ansicht der Häuserfront lässt nicht mehr erahnen, was für Kontakte sich hinter diesen Türen angebahnt, welche selbstorganisierten Gruppen sich gegründet oder wie viele Liebesgeschichten sich hier womöglich entwickelt haben – oder auch: beendet wurden.




_Ort der lesbischen Subkultur der 1920er Jahre: ehemaliges Café Märchenland, Lausitzer Platz 12 in Berlin-Kreuzberg (heute: Café V).
Das Café Märchenland wurde 1925 vom Gastwirtsehepaar Kielreuter am Lausitzerplatz in Kreuzberg eröffnet. 1927 wird es einmal in der Zeitschrift Die Freundschaft erwähnt und ab 1931 gibt es vereinzelte Anzeigen in der Zeitschrift Garçonne. Darin heißt es: "Café Märchenland. Treff aller Freundinnen. Intimer Aufenthalt. Zur Bedienung Sonja. Lausitzerplatz 12 (2. Min. v. Görl Bhf.)"
Die Kielreuters betrieben das Lokal bis 1954 – also die Nazizeit hindurch. Nach umfangreichen Umbauten öffneten sie es 1955 unter dem Namen Café 12 wieder. Um 1961 soll es Café Kielreuter geheißen haben. Trotz dieser Namen war es unter "Märchenland" bekannt. Zehn Jahre später, 1965 gaben die Kielreuters das Café auf. In den 1970er Jahren wird daraus das Café April und in den 1980er das Café V – das "V" steht bis heute für vegetarisches Essen am Lausitzer Platz 12.3




_Gedenktafel für Johanna Moosdorf (1911-2000): Kastanienallee 27, Berlin-Wilmersdorf


_Gedenkort für Hilde Radusch (1903-1994): Eisenacherstraße/Ecke Winterfeldtstraße in Berlin-Schöneberg3


_Gedenkstein für Gertrude Sandmann (1893-1981) & Tamara Streck (1915-1979): Alter St. Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg, zwischen der Großgörschenstraße und der Monumentenstraße. Der Gedenkstein ist im hinteren linken Eck des Friedhofs (vom Eingang aus gesehen) zu finden.


_Gedenktafel für Gertrude Sandmann (1893-1981): Bis zu ihrem Tod 1981 lebte und arbeitete die Künstlerin in Berlin-Schöneberg in der Eisenacher Str. 89.


_Wohnhaus von Claire Waldoff (1884-1957): Gedenktafel am Haus Regensburger Straße 33 in Berlin-Schöneberg, wo sie von 1919 bis 1933 lebte


_Grab von Anna Elisabet Weirauch (1887-1970): Friedhof in Berlin-Reinickendorf





1 Zur Geschichte des Hauses vgl. den Überblick im Projekt "Historische Orte", "Das Ballhaus", Station 15, https://www.historische-orte.info/tafel_15.html, Abruf 2/2021.

2 Herzlichen Dank für den Blick auf die Innenräume des "Nationalhofs" an Jens Dobler. Auf der Rückseite der "Nationalhof"-Ansichtskarte ist "G. Zeidler" als "Inh." benannt. – Siehe dazu Adressbücher Berlin und auch https://www.rosawinkel.kulturring.berlin/?treffpunkt=schoeneberg, Abruf 2/2021.

3 Quellen: Anzeige in: Garçonne Nr. 17, 1931, 2. Jg. Vgl. Dobler, Jens: Von anderen Ufern – Geschichte der Berliner Lesben und Schwulen in Kreuzberg und Friedrichshain. Berlin: Gmünder 2003, S. 151-154, Reprint der Anzeige ebd. S. 154.

4 Eisenacherstraße/Ecke Winterfeldstraße, Dienstag, 5. November 2013, ca. 16:00 Uhr: Ein Mann mittleren Alters setzt sich auf die runden Steine mit dem Rücken zum dreiteiligen Denkmal. Kommt ein anderer Mann und ruft: "Weißt du, auf wessen Stein du sitzt?" Der Erste, seelenruhig, ohne sich nach den Tafeln umzudrehen: "Hilde Radusch". Gesehen und gehört von Ingeborg Boxhammer.